Mittwoch, 20. Juni 2012

Mitbringsel

Wir schlendern durch Bangkoks Gassen, es beginnt zu regnen, der Verkehr hat gerade seinen Höhepunkt erreicht, unterschiedlichste Fahrzeuge düsen an uns vorbei, Straßenhändler bieten uns ihre Ware an, ein TukTuk-Fahrer fragt uns, wo wir hingehen und ob wir nicht gerne zu einem Schneider oder Juweliershop fahren wollen. Wir genießen den Moment und beginnen einen kleinen Ratsch mit ihm, völlig unverbindlich, ohne das Gefühl, ihn bald sehr bestimmt abweisen zu müssen. Wir sind tiefenentspannt, wir strahlen und könnten vor Freude in die Luft springen. "Komm, schlendern wir ein wenig über die Khao San Road (Bangkoks/Thailands stressigste und gefürchteste Touristenmeile)" Kein Problem! Wir haben eine Menge Spaß, kommen uns im Gewimmel fast außerirdisch vor, so, als wären wir wie ausgeblendet.
Woher kommt das? Was gibt uns dieses Gefühl?


Ganz klar: Es ist der Wechsel vom extremen Indien zurück ins ruhige Thailand.
Niemand hupt. Alle Menschen um uns herum sind entspannt, lachen, respektieren unsere Meinung und niemand bedrängt uns. Wir werden nicht "dauerbeschallt", wie es eben in Indien jederzeit der Fall war. Was gibt Thailand diese Möglichkeit?


Wir sind nach monatelanger Reise durch oft extrem vom Glauben geprägte Länder fest der Meinung, dass viele Probleme genau von daher stammen: Extrem gelebter Glaube! Thailand ist eher buddhistisch, Indien hinduistisch geprägt. Die Unterschiede der Religionen bestimmen die großen von neutraler Seite aus sichtbaren und extrem spürbaren Unterschiede in Lebensbereichen wie Geburt, Entwicklung, Abstammung, Familie, Frauen, Arbeit, Heirat, Karma, Ertragen oder Ändern der Lebensumstände, Kastensystem,.... Wiedergeburt. Die Grundaussage des Hinduismus, dass jeder Mensch durch Ertragen seines Loses, sei es noch so schwer, im nächsten Leben Chance auf ein besseres Los oder Leben hat, bremst unserer Ansicht nach jegliches Streben nach einem besseren Leben schon früh aus. Auf den Straßen macht sich dies sichtbar: Von einem inzwischen guten Freund erfuhren wir von einem Versuch, in Pushkar einem Straßenjungen ein neues Leben zu bieten und ihm eine Arbeitsstelle mit bester Aussicht auf Verbesserung des Lebensstandards der gesamten Familie zu geben. Dieser allerdings wurde von seiner Familie nicht dafür freigestellt. Er musste weiter für wenig Geld zurück auf die Straße: Betteln.
Ein anderes Beispiel: Ein in der Schule äußerst talentiertes Mädchen - sie bereitet sich gerade zweisprachig auf ihr Abitur vor - wird niemals selbständig ihr Leben bestimmen dürfen. Ihr Schicksal ist bereits vorbestimmt: Sie wird als Hausfrau nie weit von Küche und Garten wegkommen.


Diese Glaubensrichtungen erreichen aber gleichzeitig, dass in derartig gefärbten Ländern die Kriminalitätsrate sehr niedrig bleibt. Grund dafür ist der Grundsatz: niemals Wut oder Aggression zeigen; Alle extremen Gefühle sind verpönt. Dazu gehört allerdings auch die Liebe zwischen zwei Menschen.


Die Reise lehrt uns, dass wir unser Denken in vielerlei Hinsicht komplett ändern, viele alte Meinungen neu überdenken müssen. Die Reise mit all ihren neuen Eindrücken, Erfahrungen und neuen Blickwinkeln gibt uns aber auch gleichzeitig die Möglichkeit dazu. Wir sind gespannt auf ihre Auswirkungen auf uns und auf unser weiteres Leben.






Nun aber zu weniger tiefgreifenden aber dennoch bewegenden Momenten: Unsere neuen Freunde aus Pushkar/Indien.

Wir erzählten ja bereits, dass wir vom örtlichen Enfield-Händler Mukesh zwei Bikes zur Verfügung gestellt bekamen. Als wir ihm versprachen, für ihn eine kleine Homepage über seinen Shop zu erstellen, stellte er uns für die verbleibende Zeit sein Laptop und zwei Enfields zur Verfügung. Von nun an standen also zwei Motorräder vor unserem Hotel, jederzeit bereit für eine Tour in die Wüste. Tag für Tag arbeiteten wir an dem Blog, besuchten unsere Freunde im Shop - denn für einen Chai war immer Zeit - und unternahmen Touren zu kleinen, witzigen Tempeln und abgelegenen Teeständen oder einem nahen Tier-Krankenhaus. Fast zwei Wochen vergingen auf diese Art. Im Ort waren wir bereits bekannt, als das "german couple" mit den Enfields, bei dem die Frau so gut fahren kann. In Wahrheit hatte Neo wirklich hin und wieder Mühe, sein Ross durch die menschenüberfüllten und engen Gassen zu bugsieren. So ein blödes und schweres Gepäckgestell aus purem Eisen am Heck seines Pferdes wies ihn immer wieder in die Schranken. Franzi schlängelte sich weit leichtfüßiger durch die Straßen.

Mukesh bot uns irgendwann ein tolles Bike an. Von nun an wurden unsere Gedanken immer öfter in diese eine Richtung gelenkt. Wir recherchierten im Internet, rechneten unsere Konten durch und meldeten uns sogar beim deutschen "Royal-Enfield-Forum" an, wo wir kurz davor stehen, vom Neulingstatus aufzusteigen. Auch werden bereits Erfahrungsberichte erwartet. Unser österreichischer Freund Christian verstand anfangs unsere Begeisterung nicht. Nachdem er mit uns und den Maschinen ausfuhr, rechnete aber auch er seine Finanzen durch. EXTREME SUCHTGEFAHR!!


Das Ende vom Lied war, dass wir eine Mechanikerausbildung erhielten und die verrückte Franzi sich doch tatsächlich dazu entschloss, sich ihre "White Queen" - eine Royal Enfield 350cc '74 mit einem bärenstarken Motor, der so tief böllert, dass sich alle anderen Fahrzeuge drumherum nur wie kaputte Nähmaschinen anhören - nach Deutschland schicken zu lassen!!
In Delhi bereiteten wir also das Motorrad für den Versand vor und stopften die Kiste mit Zubehör und Ersatzteilen voll. Und Neo verliebte sich über beide Ohren! In "Black King", einer RE 500 '82, die in Delhi versandbereit in der Werkstatt stand. Mal sehen, was die Zukunft bringt.


Mukesh hatte uns so fest in sein Herz geschlossen, dass er uns in seine Familie aufnahm und uns inzwischen als Schwester und Bruder ansieht. Für ihn ist die Erstellung der Website für den Shop so wichtig und somit ein so tolles Geschenk, dass er jegliche Hilfe und Unterstützung anbot und es schwer wurde, nicht alles anzunehmen. Eine Rückkehr nach Pushkar wird wie eine Familienzusammenführung werden. Dementsprechend hart wurde auch der Abschied von unseren neuen Freunden.



 
Nach vier Tagen stressigem Delhi freuten wir uns auf unsere liebe ShantiLodge in Bangkok. Und da sitzen wir nun, endlich auch mit einem Plan für die Weiterreise. Davor musste allerdings noch ein tiefes Reisemotivationsloch überwunden werden. Inzwischen freuen wir uns aber auf Thailands Norden und das vielleicht ein oder andere neue Land.


Nach 18 Stunden Zugfahrt standen wir nun am Bahnhof in Chiang Mai, wo uns ein Freund unseres Freundes Chira abholte. Wir wussten gar nicht so recht was geschieht, hat uns Chira (er war gerade auf dem Sprung nach Vietnam) doch nur kurz am Telefon erzählt, dieser Freund würde sich um alles kümmern. Hm, na um was würde er sich denn kümmern? Naja, wir lassen uns einfach mal überraschen.

Ihr fragt euch sicherlich: Wer ist Chira? Was macht er in Vietnam? Wieso wird sich um euch gekümmert? Was ist da los?

Lasst euch überraschen!

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