Mittwoch, 22. August 2012

Veränderungen und Fortschritte

Beim Tanken einen Kaffee geschenkt bekommen? Neuerdings auch für mich möglich, wenn ich für über 100 Euro tanke. Neue Häuser und 30er-Zonen, wohin man schaut. Straßen wurden verbreitert oder ganz geschlossen. Teilweise komplett neue Umgehungsstraßen wurden gebaut. So viele Veränderungen, dass man sich fest konzentrieren muss, um zu hören, was der Fahrlehrer über Funk spricht.

Der Theorieunterricht läuft schleppend. Das Online-Learning zu Hause zeigt, dass das alte Wissen über den Straßenverkehr mit den neuesten Regelungen und Vorschriften nicht unbedingt noch übereinstimmt. Da muss richtig gelernt werden. Und zu allem Überfluss ist die Fahrschulmaschine so anders als die Enfield in Indien.


Enfield. "White Queen". Sie steht in Eichstätt und wartet auf den TÜV-Termin.

In den letzten fünf Tagen haben wir versucht, so viele Fehler und Probleme aus der Elektrik herauszuarbeiten, wie möglich. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich so früh den kompletten Kabelbaum erneuern muss. Nun aber glänzen die neuen Kabel. Es ist erstaunlich, wie schnell man doch mit solchen Aufgaben an seine Grenzen kommen kann.

Kabelbaum in der Hand. Vorne 18 Kabel, hinten 12 Kabel. Unterschiedlichste Farben, nicht im Geringsten zusammenpassend. Gefühlt ein dutzend Quetschverbindungen innerhalb des Kabelbaums, vielleicht aber auch nur Kabelbrüche oder Scheuerstellen. Beides. Kabelbaum aufschneiden, weihnachtliche Farbstimmung. Alles klebt, alles löst sich langsam auf. Wo war denn nur dieser Stecker gleich wieder dran? Ups, der nächste fällt mir entgegen.

Franzi fragt, ob ich mich denn nicht am Schaltplan aus dem Internet orientiere. Nein, der zeigt völlig andere Bauteile und Verschaltung. Thema "Schaltplan" also früh zur Seite gelegt. Einzelne Kabel verfolgen, Kabelbäume abtasten, Durchgang messen, an Kabeln ziehen, Stecker in den Händen halten, keinen Massepunkt finden, immer wieder Blitze. Gewitter? Kein Wölkchen am Himmel. Jedes neue Problemchen lässt die Temperatur um 10 Grad ansteigen. Schweißausbrüche. Reichen meine Kabel, meine Klemmen, die Verbinder? Der Dremel läuft und läuft. Guter Gehilfe. Die Batterie macht noch gut mit. Noch. Ich schreibe vieles auf, mache Fotos, damit ich danach vielleicht noch nachprüfen kann, wie die Originalverkabelung war. Es hilft nichts! Ich muss alles herausreissen.

Sonntags wird ca. 6 Stunden lang eine neue Fassung für die hintere Glühbirne angefertigt. Einzelstück. Funktioniert. Das selbe Spiel am Dienstag mit der vorderen Fassung. Leuchtet. Der Kabelbaum ist drin. Anschließen. Zittern. Hoffen. Fluchen.             An der Batterie funkt es, sobald der Kontakt angelegt wird. Der Traum der letzten Nacht erweist sich als hilfreich: Der Unterbrecherkontakt ist geschlossen, somit liegt die Zündspule als Verbraucher dran. Deswegen der Funke. Ich bin erleichtert. Großer abschließender Test. Es funktioniert alles. Ein letztes Zittern. Funktioniert es auch bei laufendem Motor? Die Enfield springt gut an. Alles vibriert. An dieser Stelle ist eine Entschuldigung an die Nachbarn fällig. Die Queen lässt hören, was sie drauf hat.
Nach ein wenig Nachhelfen klappt es auch mit den letzten Funktionen. Die Elektrik passt! Mir fällt ein Felsen vom Herzen.

Die Vorabnahme durch den TÜV kann kommen!


...

Veränderungen in der heimischen Umgebung, Freunde, Arbeit, ... Nicht das Einzige, was sich langsam ändert. Es vermischt sich das Alte mit dem Neuen. Und es ist ein gutes Gefühl!

Montag, 13. August 2012

Das Warten hat ein Ende

Genau vier Wochen nach unserer Ankunft im schönen Bayern war es nun endlich so weit. Das Warten hatte ein Ende.
Schon in der Arbeitspause bei Audi konnte ich es nicht aushalten und rief Zuhause an. "Ist es schon soweit?" ..."leider nein". Das Arbeiten an diesem Tag war für mich eine Qual, wollte ich doch Zuhause sein, wenn das gute Stück endlich vor der Tür steht. Ist es noch gut verpackt, oder hat der Zoll alles auseinander gerissen? Sind alle Teile dabei, welche wir mit großer Sorgfalt in Indien verpackt hatten? Hat sie alles heil überstanden oder ist sie vielleicht bei über drei Monate Transport beschädigt worden? ...

Und dann war es soweit. Nahezu gleichzeit kam ich mit meiner weißen Queen, der Royal Enfield Bullet, Zuhause an. Meine Familie stand schon um die Kiste herum und jeder, ja wirklich jeder von uns, hatte ein so breites Grinsen auf, dass man noch die letzten Backenzähne sehen konnte.

Ja und dann wurde die Kiste aufgerissen. Erst ganz zaghaft, dann mit mehr Power und zuletzt musste sogar die Axt noch herhalten. Dann stand sie plötzlich vor uns, der weiße Goldschatz.
Der Lack leicht beschädigt, der Lenker noch verpackt und abgebaut neben der Maschine baumelnd.
Ich bin so glücklich.

Mittlerweile haben wir sie auch zum laufen gebracht und die erste Nachbarin hat sich auch schon über das Ballern unserer Kleinen beschwert.
Ich könnte Stunden damit verbringen, mich in die Garage zu stellen und einfach nur mein Bike anzusehen. Aber es gibt viel Arbeit. Für die nächsten Wochen habe wir uns vorgenommen, die Elektrik einwenig auseinander zu nehmen und auf Deutschen Standart umzubauen. Dann hoffentlich durch den TÜV und dann müssen die Beamten bei der Stadt auch noch mitspielen und den wirklich sehr sehr alten Fahrzeugbrief durchgehen lassen. Wird schon schief gehen.






Dienstag, 24. Juli 2012

Zehn Tage später



Stau.
Uhrzeit.
Wecker.
Zeitplan.
Arbeitszeit.
Zu spät kommen?
Alles richtig machen?
Fehlende Dokumente.
Aufpassen um nichts zu versäumen.
Erwartungen, die es zu erfüllen gilt.

Funktionieren.

Seit zehn Tagen sind wir nun zurück. Wie ergeht es uns. Sind wir schon angekommen. Immer wieder begegnen uns diese Fragen in den letzten Tag.
Ich bin seit Montag wieder bei Audi angestellt. Gestern war ich in der Fahrschule. Die erste Woche in der Heimat verlief so anders, als ich es mir vorgestellt habe.
Auf Reisen hat man viel Zeit sich Gedanken zu machen. Man weiß, was man will. Man ist überzeugt davon, es besser zu machen. Weiß man doch genau, was einem im Alltag auffrisst, was einen dazu veranlasst, am Abend müde, aber eben nicht überglücklich vom Tag ins Bett zu fallen. Ich wollte es so viel besser machen.
Es soll nicht heißen, dass es mir nicht gut geht. Ich genieße es, bei meiner Familie zu sein, Freunde wieder zu sehen. Ein gutes Essen, von der Mama vorbereitet, nach der Arbeit auf der Terrasse zu verputzen.  Mein Zimmer, mein Bett. Täglich mit Neo telefonieren, mehrmals(!).

Aber was ist aus meinen guten Vorsätzen geworden?

Viel spazieren gehen.
Die Omas besuchen.
Für meine Familie tolle Gerichte kochen.
Im Cafe sitzen und Menschen beobachten.
Das Leben bewusst genießen.

Noch gelingt es mir nicht, die Gelassenheit, das freie Denken, die Energie und den Unternehmungsdrang der Reise mit in den Alltag zu nehmen. Noch fühle ich mich teilweise erdrückt von den vielen Aufgaben, die ich zu erledigen habe, von den Verpflichtungen, die ich mir selbst auf gebürgt habe.

Eins aber ist anders geworden. Etwas Entscheidendes.

Ich realisiere. Ich erkenne.



Auf bald! Eure Franzi

Mittwoch, 18. Juli 2012

Ankommen

Seit Samstag hat uns Bayern wieder.



Objekt der Begierde: Schäufele mit Knödel
Der Empfang am Flughafen in München war ein toller Moment. Unsere Familien und besten Freunde bereiteten uns ein Heimkommen, das uns ebenso wie die Reise ewig in Erinnerung bleiben wird. Am Abend durften wir Schäufele mit Knödeln und echtes Bier genießen. Wir mussten aufpassen, dass wir unsere Mägen nicht allzu sehr belasteten. Die sind nichts mehr gewöhnt. Es ging jedoch alles gut und wir genossen die ersten Stunden in der Heimat bei guten Gesprächen, tollen Geschenken und vielen Umarmungen. In den nächsten Tagen werden wohl viele Treffen folgen, in denen wir ein wenig erzählen können, was wir erlebt haben und wie es weitergeht. Wir freuen uns auf unsere Freunde. Und wir sind glücklich, wieder daheim zu sein.

Danke für den wunderschönen Empfang!


Aber: Sind wir wirklich schon daheim?


Nun sind wir getrennt. Franzi in Eichstätt, Neo in Euernbach. Bei den Familien. Wir vermissen unseren Reisepartner, den wir fast neun Monate doch immer so nah gespürt haben.


Wir genießen die Familie um uns herum, das tolle Essen, auf das wir so lange gewartet haben. Wir liegen in bequemen Betten; keine Ameisen in den Zahnbürsten, kein Aufwachen wegen extremer Hitze. Aber auch kein Planen und Organisieren des nächsten Abschnitts unserer Reise. Andere Dinge müssen geplant werden: Arztbesuche, Wohnung in Augsburg, Führerscheinanmeldung, Besuche von Freunden, Abarbeitung des Poststapels; warten auf Zuweisung des Regierungsbezirks für das Referendariat.

Irgendwie läuft alles nur schleppend an. Und sogar die Kaffeemaschine mag mit dem Kaffee aus Laos nicht so recht laufen.

Wir können nicht behaupten, wir wären aufgeregt, durcheinander oder nicht glücklich. Wir sind sogar sehr glücklich! Wir genießen die Zeit mit den Familien. Wir freuen uns auf die nächsten Abenteuer: Viertes Ausbildungsjahr in Augsburg und Referendariat in Oberbayern. Und trotzdem merken wir im Alltag, dass die Eingewöhnungszeit wohl noch etwas dauern wird.



Wir denken, das ist gut so. Viel zu schnell würde vielleicht dieses unbeschreiblich tolle Gefühl und die veränderte Denkweise verfliegen, die sich während der Reise eingeschlichen und festgesetzt hat. Sie ist über lange Zeit gereift, unsere Erfahrungen und neuen Sichtweisen haben durch die Dauer der Reise nicht nur Basis sondern auch Hintergrund erhalten. Wir können mit anderen Augen sehen. Es ist genau das passiert, auf das wir so sehr gehofft haben. Die Gedanken müssen jedoch erst geordnet werden. Wir sind sicher, das Ergebnis wird eine Mischung sein aus Franzi und Neo vor der Reise und FuN nach der Reise.






Wir sind zuversichtlich.

Donnerstag, 12. Juli 2012

Abschied

Langsam wachen wir auf, drehen uns von einer Seite auf die andere, der Wecker klingelt, irgend etwas ist anders, irgendwie fühlen wir uns leicht, glücklich, ein wenig euphorisch. Es ist Freitag, der 13.07.2012! Unser letzter Tag auf dieser großen Reise.

In den letzten Tagen haben wir wieder viele E-Mails bekommen. Manchmal ist darin die Rede von Wehmut, vom großen Abschied nehmen, davon, dass es schwer sein muss, diese Zeit hinter uns zu lassen. Auch wir dachten, dass uns solche Gefühle an den letzten Tagen unserer Reise begleiten werden.
Uns ergeht es aber ganz anders. Zu groß ist die Freude, Familie und Freunde, euch alle, wieder zu sehen. Ein weiches Bett, ein sauberes Bad, nach dem Duschen nackt zum KLEIDERSCHRANK laufen zu können und GUT RIECHENDE Wäsche anzuziehen, mit Menschen reden, die einen länger als ein paar Stunden kennen, bayrisches Essen schlemmen, endlich alles ausblubbern zu können, was man während der Reise erlebt hat, auf Deutsch!, die neue alte gewohnte Umgebung zu spüren, der Motorradführerschein, Blumen auf dem Feld, keine Ameisen in der Zahnbürste,...

Wir freuen uns!

Aber natürlich soll das jetzt nicht heißen, dass wir nicht jede Sekunde auf unserer Reise genossen haben. Die Reise war, und da ist sich FuN einig, das Beste, was wir zu diesem Zeitpunkt haben tun können! Wir sind zur Ruhe gekommen, haben Gedanken ordnen können, haben andere Sichtweisen kennengelernt und erkannten, wie toll wir es doch zu Hause haben! Wir hatten interessante, aber auch erschreckende Begegnungen mit fremden Kulturen, sind durch Landschaften gewandert, wie man sie nur aus Bildbänden kennt. Wir haben unseren Traum gelebt!

Danke, Welt!

Dienstag, 10. Juli 2012

"Warum zum Teufel muss man eigentlich überall seine Schuhe ausziehen?"

Es stimmt! Es ist uns wirklich sehr schwer gefallen, Luang Prabang zu verlassen. Klein, lieblich und reizvoll liegt die alte Königsstadt an der Lebensader Asiens und empfing uns vor allem mit ihrer kulinarischen Vielfalt. Laotische Essensstände mit Fisch aus dem Mekong, vielfältige Nudelgerichte oder auch nur die Bananen-Nutella-Rotis sorgten für reichlich Wohlbefinden. Das Cafe Saffron, mit superleckerem Kaffee machte den Start in den Tag perfekt. Das Cafė hat es sich zur Aufgabe gemacht, den umliegenden Opium-Bauern eine legale Perspektive für die Zukunft zu schaffen. Es führte die Arabica-Kaffeepflanze in Nordlaos ein. Mit großem Erfolg!


Aber natürlich hat Luang Prabang noch einiges mehr zu bieten: In perfekter Lage lädt es zum Erkundschaften per Rad ein. Und so schnappten wir uns zwei Drahtesel und strampelten fleißig darauf los. Unser Fazit: Trotzdem Laos zu einem der ärmsten Länder unseres Planeten gehört, sind die Menschen dort unglaublich freundlich. Die Straßen, Hütten und Essensstände sind gepflegt und sauber. Das Land ist zwar ärmer als Indien, aber Laos und seine Einwohner zeigen uns, wie man trotzdem eine Lebensqualität und -freude erschaffen kann, von der sich Indien und sogar einige westliche Länder gerne eine Scheibe davon abschneiden könnten.

Naja aber wie das eben beim Reisen ist, mussten wir dann doch weiter.
Nächstes Ziel: Vang Vieng. Wir haben schon viel im Voraus darüber gehört, waren deshalb schon auf einiges gefasst.
Ein Stopp lohnt sich vor allem wegen seiner Lage. Wie Kamelhöcker ziehen sich die Karstberge am Horizont entlang. Zwischendrin kann man wunderbar Vang Viengs Umland genießen, den Bauersfrauen beim Reispflanzen-setzen zusehen, Kinder beim Baden im Fluss beobachten,...
Aber Vang Vieng hat auch eine Schattenseite. Das Dörfchen wird geradezu vom Massentourismus überrannt. Genauer: vom partysüchtigen Backpacker. Party über Party, jeden Abend. Am Tag wird dann bei Pizza, Pasta und Bier "Friends", "Simpsons" oder weiß der Geier was angeschaut, anschließend trifft man sich zum Highlight von Vang Vieng, das Tubing. In einem Gummischlauch lässt man sich auf dem Fluss von Bar zu Bar treiben. Jedes Jahr sterben etliche Touristen, die wegen zunehmender Orientierungslosigkeit in den Fluten untergehen. Grund: Alkohol und Drogen. Auf den Straßen humpelt jeder zweite Tourist. Auf die Frage, wo sie als nächstes hinreisen, vielleicht Luang Prabang, antworten sie verwirrt: Wo ist denn das? Kann man da Party machen? Und warum, zum Teufel, muss man eigentlich überall seine Schuhe ausziehen? Erschreckend, traurig und einfach nur beschämend für uns Reisende!

Gerade sind wir in Vientiane, der Hauptstadt von Laos. Hier teilen wir uns mit SaSu, einer Münchnerin, das Zimmer und warten darauf, dass der Zug nach Bangkok geht...das Ende unserer Reise rückt jetzt in atemberaubender Geschwindigkeit näher.

Aus diesem Grund möchten wir mal allen, die gerade ordentlich im Prüfungs- oder Abgabestress sind, mitteilen, dass wir an euch denken und mitfühlen. Bald ist es geschafft!
Wir hoffen, wir konnten und können euch mit unserem Blog die ein oder andere Minute verschönern und bedanken uns gaaanz arg fürs fleißige Lesen.
Auch an alle, die uns mit lieben E-Mails und Kommentaren das Heimweh ein wenig erleichtern: Ganz ganz lieben Dank. Wir wissen jede Zeile zu schätzen und freuen uns wie zwei kleine Kinder, wenn es ein Lebenszeichen von Daheim gibt! Wir wissen, so etwas ist nicht selbstverständlich!
Naja und dann möchten wir noch alle Unbekannten, bzw. alle Leser grüßen, von denen wir gar nicht wissen, dass sie sich für unsere Reise interessieren. Lieber Ronny, lieber (Archi)Tobi, über eure Kommentare haben wir uns sooo sehr gefreut! Ronny, wir hoffen, euer Projekt in Bolivien ist gut am Laufen! (Für alle, die jetzt nicht mitkommen, einmal in die Link-Liste schauen)! Lieber Tobi, alles Gute weiterhin in Uganda, wir freuen uns darauf, dich kennen zu lernen!

Bis bald, eure Weltreisenden!






 

Sonntag, 1. Juli 2012

Nachgedacht

In der Ferne wolkenverhangene Hügel, tiefgrüner Urwald, hoch aufgetürmte Sandbänke, ein brauner, aber nicht dreckiger Fluss, Bambusstangen mit Fischernetzen, das Knattern der vorbeiziehenden Longtailboote, Einheimische die am Ufer stehen und winken, das monotone Brummen des eigenen Schiffmotores. Wir sind auf dem Mekong; in Richtung Luang Prabang (Laos) unterwegs.

Es ist Zeit ein wenig nachzudenken, die Gedanken nach Hause schweifen zu lassen, aber auch um sich zurück zu erinnern, an vergangene Abenteuer.

Auf dem Boot drehen sich die meisten Gespräche um das Reisen, um entfernte Ziele. Fast überall können wir mitreden, unglaublich. Südamerika, der Kontinent wo doch keiner Englisch spricht und deshalb wohl die meisten zögern, ihn zu bereisen; Neuseeland, welches uns immer noch durch seine atemberaubende Natur fasziniert; Samoa, ein Land, bei dem wir erst einmal erklären müssen, wo es liegt, um danach mit glänzenden Augen von der Lebensfreude dieses Landes zu schwärmen; Australien, wobei sich dort die Gespräche hauptsächlich darum drehen, dass man dort viel zu viel Geld braucht, es wäre so viele andere Geschichten wert; Nepal mit seinen Trekkingtouren im Himalayagebirge und zuletzt Indien, ein Land das man unmöglich beschreiben kann. Wenn wir die ein oder andere Geschichte erzählen, wird uns erst einmal bewusst, was wir in den letzten Monaten erleben durften. Es war und ist eine wahnsinnige Reise. Vor allem aber eine Reise zu uns selbst.

Ich schaue nach oben, das felsige Ufer des Mekongs zieht immer noch an uns vorbei. Viele felsige Wege haben wir in der letzten Zeit überwunden und wir werden auch in der Zukunft den ein oder anderen holprigen Weg gehen müssen. Wie wird die Zeit nach der Ankunft? Können wir die Vorsätze für unser Leben nach der Reise einhalten? Wie werden die neuen Mitstudierenden in Augsburg sein? Wie die Arbeitskollegen und die Schulklassen? Wie können wir die Ruhe, die wir auf der Reise erfahren haben, mit in den Alltag nehmen?...

Wir fühlen uns gut gewappnet für das was kommt. Sehen das Nach-Hause-Kommen als neue interessante Reise an. Wir freuen uns auf Daheim, auf gewohnte Dinge, auf ein eigenes Bett, auf Schweinebraten mit Knödel (mir läuft gerade das Wasser im Mund zusammen, heute Mittag gibt es mal wieder kalten "fried rice with vegetables and chicken"), aber vor allem freuen wir uns auf EUCH, auf Familie und Freunde!

In ca. fünf Stunden werden wir in Luang Prabang ankommen. Eine Stadt am Mekong von der man sagt, dass der Abschied schwer fallen wird. Wir sind gespannt und freuen uns auf eine angeblich superleckere Kaffeekultur!



P.S.: Wir haben die Fahrt von Pai zur thailändisch-laotischen Grenze dank Reisetabletten bestens überstanden. Danke an alle, die uns davor gewarnt haben :-)

Mittwoch, 27. Juni 2012

Im Schlaraffenland

Was sollen wir sagen? Nach dem kleinen Reisetief in Bangkok kam uns die Gastfreundschaft Georges, dem bereits genannten Freund und Geschäftspartner unseres Freundes Chira, gerade recht. Zur Auflösung: Chira, ein Freund Neo's Familie und erfolgreicher Geschäftsmann aus Thailand, übergab unser Schicksal seinem Freund George, der in Chiang Mai bereits auf uns wartete. Auf der Fahrt vom Bahnhof zum Büro erklärten wir ihm, dass wir nicht im geringsten wissen, was los ist und was auf uns zukommt. Eigentlich wollten wir Chira nur mal kurz in Bangkok treffen. George erzählte uns, dass er bereits ein Hotelzimmer für uns gebucht hätte, wir dort aber erst nach einem guten Essen, wir seien sicher sehr hungrig, abgesetzt werden. Nachdem wir noch mit Informationen rund um die Stadt überhäuft wurden, aßen wir in einem tollen Restaurant direkt am Fluss. Ja, wir waren hungrig! Am Hotel schlug uns George vor, dass wir uns am nächsten Tag erst einmal die Stadt anschauen sollten. Am Abend würde er uns dann wieder zum Essen abholen.


Naja, und so vergingen die Tage. Die Abende verbrachten wir meist mit George und seiner Tochter, und zwischendurch versuchten wir uns im Thailändischen Kochen auf einer Öko-Farm (Ferdi, Danke für den Tipp!). George überraschte uns noch mit einem ganztägigen Besuch auf einer Elefanten-Farm, wo wir engen Kontakt mit den sanften Riesen haben konnten.

Natürlich wollten wir als begeisterte Euro2012-Fans das Spiel unserer Mannschaft live im TV verfolgen. Da dies in Thailand bedeutet, dass man sich ein Lokal suchen muss, das mitten in der Nacht Fußball überträgt, saßen wir bis fast um vier Uhr Früh in einer Food-Hall an der Straße, wo wir gemeinsam mit ca. 15 thailändischen und einem portugiesischen Deutschlandfan unsere Mannschaft zum Sieg feierten. Andere Lokale waren geschlossen, da für die Nacht vor einer Wahl Alkoholausschank verboten ist.

An dieser Stelle bleibt uns nur noch Danke zu sagen. Danke, Chira und George, für diese entspannten Tage und für die Gastfreundschaft! Es kam fast wie gerufen, und wir fühlten uns wie im Schlaraffenland!

Am Samstag sind wir dann weiter Richtung Norden gefahren, genauer, nach Pai. Schon die Fahrt dorthin zeigte uns ein anderes, landschaftlich sehr interessantes Thailand. Nach der ausgetrockneten Steppe in Indien konnten wir uns an dem schönen, saftig strahlenden Grün der Felder und Wälder gar nicht satt sehen. Da Pai inmitten von vielen sanften Hügeln liegt und die Straße dementsprechend kurvenreich ist, waren wir dann doch sehr froh, endlich in dem kleinen Städtchen anzukommen.
Bald schon war klar: Hier kann man es länger aushalten. Also kauften wir uns erstmal zwei Bücher und machten es uns gemütlich.

An jeder Ecke findet man einladende, kunstvoll eingerichtete Cafės und Restaurants. Die Menschen kommen uns entspannter vor, als in anderen Städten Thailands, die Atmosphäre ist gemütlich. Außer mit Lesen verbringen wir nun also unsere Stunden damit, das ein oder andere Restaurant zu testen, Fruit Shakes zu schlürfen oder uns dem Genuss von "Sticky Rice with Mango" hinzugeben. Letzteres ist einfach göttlich!!!

Nun wollen wir aber nicht unsere Tage mit Nichtstun füllen und so mieteten wir uns gestern einen Roller. Wir sagen euch, es gibt nichts schöneres als in Thailand mit dem Zweirad übers Land zu flitzen, den Einheimischen mit ihren runden Hüten zuzuwinken, am Reisfeld anzuhalten, um uns die Pflanze mal aus nächster Nähe anzusehen, am Straßenrand Pad Thai essen und dann zufrieden im AllAboutCafe ein dermaßen gutes Binoffee Pie auf unseren Gaumen schmelzen zu lassen.

Liebe Freunde, ihr seht, wir genießen unsere letzten drei Wochen so gut es uns möglich ist. Mal sehen, was noch auf uns wartet.


P.S.: im letzten Post haben wir euch von unserem Freund Mukesh aus Indien erzählt. Dabei wollen wir euch natürlich nicht die von uns gestaltete Website vorenthalten, viel Spaß damit...

www.mukeshmotors.blogspot.com



Mittwoch, 20. Juni 2012

Mitbringsel

Wir schlendern durch Bangkoks Gassen, es beginnt zu regnen, der Verkehr hat gerade seinen Höhepunkt erreicht, unterschiedlichste Fahrzeuge düsen an uns vorbei, Straßenhändler bieten uns ihre Ware an, ein TukTuk-Fahrer fragt uns, wo wir hingehen und ob wir nicht gerne zu einem Schneider oder Juweliershop fahren wollen. Wir genießen den Moment und beginnen einen kleinen Ratsch mit ihm, völlig unverbindlich, ohne das Gefühl, ihn bald sehr bestimmt abweisen zu müssen. Wir sind tiefenentspannt, wir strahlen und könnten vor Freude in die Luft springen. "Komm, schlendern wir ein wenig über die Khao San Road (Bangkoks/Thailands stressigste und gefürchteste Touristenmeile)" Kein Problem! Wir haben eine Menge Spaß, kommen uns im Gewimmel fast außerirdisch vor, so, als wären wir wie ausgeblendet.
Woher kommt das? Was gibt uns dieses Gefühl?


Ganz klar: Es ist der Wechsel vom extremen Indien zurück ins ruhige Thailand.
Niemand hupt. Alle Menschen um uns herum sind entspannt, lachen, respektieren unsere Meinung und niemand bedrängt uns. Wir werden nicht "dauerbeschallt", wie es eben in Indien jederzeit der Fall war. Was gibt Thailand diese Möglichkeit?


Wir sind nach monatelanger Reise durch oft extrem vom Glauben geprägte Länder fest der Meinung, dass viele Probleme genau von daher stammen: Extrem gelebter Glaube! Thailand ist eher buddhistisch, Indien hinduistisch geprägt. Die Unterschiede der Religionen bestimmen die großen von neutraler Seite aus sichtbaren und extrem spürbaren Unterschiede in Lebensbereichen wie Geburt, Entwicklung, Abstammung, Familie, Frauen, Arbeit, Heirat, Karma, Ertragen oder Ändern der Lebensumstände, Kastensystem,.... Wiedergeburt. Die Grundaussage des Hinduismus, dass jeder Mensch durch Ertragen seines Loses, sei es noch so schwer, im nächsten Leben Chance auf ein besseres Los oder Leben hat, bremst unserer Ansicht nach jegliches Streben nach einem besseren Leben schon früh aus. Auf den Straßen macht sich dies sichtbar: Von einem inzwischen guten Freund erfuhren wir von einem Versuch, in Pushkar einem Straßenjungen ein neues Leben zu bieten und ihm eine Arbeitsstelle mit bester Aussicht auf Verbesserung des Lebensstandards der gesamten Familie zu geben. Dieser allerdings wurde von seiner Familie nicht dafür freigestellt. Er musste weiter für wenig Geld zurück auf die Straße: Betteln.
Ein anderes Beispiel: Ein in der Schule äußerst talentiertes Mädchen - sie bereitet sich gerade zweisprachig auf ihr Abitur vor - wird niemals selbständig ihr Leben bestimmen dürfen. Ihr Schicksal ist bereits vorbestimmt: Sie wird als Hausfrau nie weit von Küche und Garten wegkommen.


Diese Glaubensrichtungen erreichen aber gleichzeitig, dass in derartig gefärbten Ländern die Kriminalitätsrate sehr niedrig bleibt. Grund dafür ist der Grundsatz: niemals Wut oder Aggression zeigen; Alle extremen Gefühle sind verpönt. Dazu gehört allerdings auch die Liebe zwischen zwei Menschen.


Die Reise lehrt uns, dass wir unser Denken in vielerlei Hinsicht komplett ändern, viele alte Meinungen neu überdenken müssen. Die Reise mit all ihren neuen Eindrücken, Erfahrungen und neuen Blickwinkeln gibt uns aber auch gleichzeitig die Möglichkeit dazu. Wir sind gespannt auf ihre Auswirkungen auf uns und auf unser weiteres Leben.






Nun aber zu weniger tiefgreifenden aber dennoch bewegenden Momenten: Unsere neuen Freunde aus Pushkar/Indien.

Wir erzählten ja bereits, dass wir vom örtlichen Enfield-Händler Mukesh zwei Bikes zur Verfügung gestellt bekamen. Als wir ihm versprachen, für ihn eine kleine Homepage über seinen Shop zu erstellen, stellte er uns für die verbleibende Zeit sein Laptop und zwei Enfields zur Verfügung. Von nun an standen also zwei Motorräder vor unserem Hotel, jederzeit bereit für eine Tour in die Wüste. Tag für Tag arbeiteten wir an dem Blog, besuchten unsere Freunde im Shop - denn für einen Chai war immer Zeit - und unternahmen Touren zu kleinen, witzigen Tempeln und abgelegenen Teeständen oder einem nahen Tier-Krankenhaus. Fast zwei Wochen vergingen auf diese Art. Im Ort waren wir bereits bekannt, als das "german couple" mit den Enfields, bei dem die Frau so gut fahren kann. In Wahrheit hatte Neo wirklich hin und wieder Mühe, sein Ross durch die menschenüberfüllten und engen Gassen zu bugsieren. So ein blödes und schweres Gepäckgestell aus purem Eisen am Heck seines Pferdes wies ihn immer wieder in die Schranken. Franzi schlängelte sich weit leichtfüßiger durch die Straßen.

Mukesh bot uns irgendwann ein tolles Bike an. Von nun an wurden unsere Gedanken immer öfter in diese eine Richtung gelenkt. Wir recherchierten im Internet, rechneten unsere Konten durch und meldeten uns sogar beim deutschen "Royal-Enfield-Forum" an, wo wir kurz davor stehen, vom Neulingstatus aufzusteigen. Auch werden bereits Erfahrungsberichte erwartet. Unser österreichischer Freund Christian verstand anfangs unsere Begeisterung nicht. Nachdem er mit uns und den Maschinen ausfuhr, rechnete aber auch er seine Finanzen durch. EXTREME SUCHTGEFAHR!!


Das Ende vom Lied war, dass wir eine Mechanikerausbildung erhielten und die verrückte Franzi sich doch tatsächlich dazu entschloss, sich ihre "White Queen" - eine Royal Enfield 350cc '74 mit einem bärenstarken Motor, der so tief böllert, dass sich alle anderen Fahrzeuge drumherum nur wie kaputte Nähmaschinen anhören - nach Deutschland schicken zu lassen!!
In Delhi bereiteten wir also das Motorrad für den Versand vor und stopften die Kiste mit Zubehör und Ersatzteilen voll. Und Neo verliebte sich über beide Ohren! In "Black King", einer RE 500 '82, die in Delhi versandbereit in der Werkstatt stand. Mal sehen, was die Zukunft bringt.


Mukesh hatte uns so fest in sein Herz geschlossen, dass er uns in seine Familie aufnahm und uns inzwischen als Schwester und Bruder ansieht. Für ihn ist die Erstellung der Website für den Shop so wichtig und somit ein so tolles Geschenk, dass er jegliche Hilfe und Unterstützung anbot und es schwer wurde, nicht alles anzunehmen. Eine Rückkehr nach Pushkar wird wie eine Familienzusammenführung werden. Dementsprechend hart wurde auch der Abschied von unseren neuen Freunden.



 
Nach vier Tagen stressigem Delhi freuten wir uns auf unsere liebe ShantiLodge in Bangkok. Und da sitzen wir nun, endlich auch mit einem Plan für die Weiterreise. Davor musste allerdings noch ein tiefes Reisemotivationsloch überwunden werden. Inzwischen freuen wir uns aber auf Thailands Norden und das vielleicht ein oder andere neue Land.


Nach 18 Stunden Zugfahrt standen wir nun am Bahnhof in Chiang Mai, wo uns ein Freund unseres Freundes Chira abholte. Wir wussten gar nicht so recht was geschieht, hat uns Chira (er war gerade auf dem Sprung nach Vietnam) doch nur kurz am Telefon erzählt, dieser Freund würde sich um alles kümmern. Hm, na um was würde er sich denn kümmern? Naja, wir lassen uns einfach mal überraschen.

Ihr fragt euch sicherlich: Wer ist Chira? Was macht er in Vietnam? Wieso wird sich um euch gekümmert? Was ist da los?

Lasst euch überraschen!

Mittwoch, 30. Mai 2012

Indien



Für uns bisher ein sehr anstrengendes Land. Die nahezu unerträgliche Hitze, die Wasserknappheit, die teilweise sehr langen Stromabschaltungen und der starke und aggressive Verkehr mit seinem Smog haben uns von den Straßen verjagt. 
Negativer und demotivierender als diese Umstände jedoch wirkten die Inder selbst auf uns: Bereits nach Ankunft in einer neuen Stadt am Bus- oder Zugbahnhof muss man darum kämpfen, nicht von einem Schlepper in ein anderes Hotel gebracht zu werden, als das von uns gewählte. Steigt man einfach nur an einer Kreuzung aus und versucht, den Fahrer abzuschütteln - er würde von unserem Hotel Kommission verlangen - wird er wütend und schimpft drauf los. In Varanasi vergingen die ersten beiden Stunden mit Schlepperabschütteln und Hotelsuchen. Bei Temperaturen um 45 Grad Celsius wird das sehr schnell anstrengend. Ist dann ein Hotel gefunden, geht das Feilschen weiter.

Auch beim ersten Besichtigen der Stadt wird man in den Touristenorten so stark bedrängt, dass man bald schon zurück ins Hotel flüchtet. Natürlich muss man überall auf der Hut sein, dass nichts geklaut wird. Naja, uns wurde im Hotel aus dem in der Rezeption zurückgelegten Gepäck eine Sonnenbrille geklaut. Aber nicht nur hier ist Vorsicht geboten: Möchte man sich auf ein Gespräch mit Indern einlassen, weil man mehr über Kultur und Menschen erfahren will, kann man sicher sein, dass man sich bald in einem Shop wiederfindet, in dem man Dinge angeboten bekommt, die man nicht haben will, oder eine Werksbesichtigung eines Stoffherstellers durchführt, nach der man dringend etwas zu kaufen hat. Überhaupt sind unsere ersten Erfahrungen, dass man NIEMANDEM vertrauen kann. Egal, wie positiv das Gefühl bei dem ein oder anderen Inder war, es folgte IMMER zähes Diskutieren um Ehre, Karma und Touristengeld. Selbst Mönche versuchen, den Touristen Geld abzuknöpfen. 

So befanden wir uns also nach fast zwei Wochen Indienaufenthalt an einem Punkt, an dem wir überlegten, diesen Teil der Reise abzubrechen, um Indien vielleicht in ein paar Jahren zu einer besseren Jahreszeit zu besuchen. 

An diesem Punkt dachten wir aber auch zu wissen, dass es dort aufgrund der Kultur der Inder, besonders aber aufgrund der extrem gelebten Religion ebenso hart und nicht leichter für uns zu reisen wäre, und dass sich Indien mit keinem anderen Gesicht zeigen würde. 







Also befanden wir uns an einem Punkt, an dem wir den Spruch anzweifelten, der aussagt, dass man Indien hasst UND liebt zugleich. Wir fühlten zu keinem Zeitpunkt Hass! Wir konnten uns aber keinen Grund für Liebe vorstellen. So zweifelten wir also sehr an unserer Weltoffenheit und unserem Bestreben, sich möglichst stark mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen. Irgendwie fühlten wir uns kraftlos und ausgebrannt. Sollte dies das Ende unserer "Reise" sein?




So waren wir vor drei Tagen in Pushkar angekommen. Natürlich fanden sich "hilfsbereite" Inder, die uns den Bus bezahlten, uns auf einen Chai einluden und sich anboten, uns zu unserem Hotel zu bringen. Alles klar! Wie sollten wir hier nun wieder die Prämie für die beiden umgehen, damit wir einen guten Zimmerpreis bekommen können? 
Doch plötzlich war alles anders! Die beiden warteten auf uns und wollten mit dem Hotelbesitzer gar keine Prämie aushandeln. Das Zimmer bekamen wir ohne Verhandeln für einen Spitzenpreis und alle um uns herum wollten nur Gutes. Sollte sich unser Bild über Indien nun doch noch zum Guten verändern? Auch die Straßenhändler und Mönche beließen es bei EINEM Versuch, uns Geld aus der Tasche zu ziehen. Die kleine Stadt Pushkar am Rande der Wüste Thar im ärmsten Bundesland Indiens Rajasthan entpuppte sich zu einem wahren Ort der Ruhe. Was wird uns hier noch erwarten? Erstmal buchten wir kein Ticket für die Weiterfahrt. Wir wollten sehen, was passiert.In den letzten Tagen bot sich uns dann auch die Möglichkeit, Indiens liebenswerte Seite kennenzulernen. ... Mit dem eigenen Fahrzeug, weit weg vom Touristengeschehen und den Händlern. Menschen laufen von den Feldern und Hütten am Straßenrand auf uns zu, wollen mitfahren oder uns einfach nur grüßen. Eine Kollonie ärmster Rajasthanies winkt uns energisch zu sich in die Dünen. Sie wollen mit uns quatschen, Spaß haben, Fotos machen und uns berühren und bieten ihr Wasser und ihr Essen an: Chapati und Curry. Lecker! Egal wo man anhält, man wird sehr liebevoll empfangen. Teilweise stehen dann dutzende Menschen um uns herum und gucken einfach nur. Und das Coole daran ist: Wir haben diese Fahrten nicht mit IRGENDEINEM Fahrzeug unternommen, sondern mit echten, uralten indischen ROYAL ENFIELDS! 





Wir sind fasziniert von diesen Maschinen. Und hätten wir beide einen Führerschein dafür, wären in den nächsten Wochen zwei Stück davon zum Hamburger Hafen unterwegs!

Gefunden haben wir diese Goldstücke in Pushkar bei Mukesh Ajamera, der an der Straße eine Werkstatt für Enfields betreibt. Auf nicht mehr als neun (9) Quadratmetern 
repariert und restauriert er diese Oldtimer wie kaum ein anderer. Anscheinend ist er weit über indiens Grenzen hinaus bekannt und exportiert in alle Welt. Unser nicht vorhandener Führerschein störte ihn nicht. Er setzte uns auf zwei Bikes und schickte uns nach einer kurzen Fahrstunde auf die Straßen rund um seine Stadt. Einfach weil es ihm Freude bereitet! Nach drei Ausflügen sind wir nun echte Enfield-Rider! Der Fahrtwind machte die Hitze erträglich und der Klang der Maschinen ließ uns auch für die Inder was ganz besonderes sein. Es war ein tolles Gefühl! Danke, Mukesh und Team!




So konnten wir nun endlich das "echte" Indien erleben. Wie wir in der noch verbleibenden Zeit weiter auf diese Art reisen können ist noch unklar. Uns fällt sicher was ein. Wir wissen nun, dass Indien für uns außerhalb der Tourismusgebiete ganz schön was zu bieten hat. 


Wir mögen Indien!






Freitag, 18. Mai 2012

zwischen Nepal und Indien


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Seit Stunden dösen wir nur leicht vor uns hin. Über den Dächern der Häuser an der Straße geht die Sonne auf; so heiss und glühend rot wie die Tage zuvor, als wir sie durch die Zimmertür auf der Farm beobachten konnten. Es muss bald fünf Uhr sein. In einem der indischen Autos bewegt sich jemand und kommt versehentlich auf die Hupe. Plötzlich sind wir wach. Neben uns liegen vier Frauen auf einem Tuch am Boden zwischen den Autos. Eine davon schnarcht - wie die ganze Nacht über. Wir sehen zu den "Rebellen" hinüber, die es sich neben unserem Konvoi mit ihren Schlagstöcken für die Nacht bequem gemacht haben. Auch sie erwachen langsam. Wir packen unsere Rucksäcke und renken unsere Körper ein. Die Nacht auf dem Boden war hart und lang. "Happy", unser immer lustiger Inder kommt vorbei, um zu fragen, wie es uns geht. Das erste Auto wird gestartet; jeder will schnellstmöglich weiterfahren. Bereits auf den ersten Metern wird uns der gesamte Umfang der Unruhen der letzten Nacht klar. ...

Was war passiert?!
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Von vorne:
Als wir also über Umwege die Farm weit weg von der nächsten Stadt erreichten, wurden wir sehr herzlich von den lieben Menschen der Familie Bhattarai begrüßt. Sofort stellte sich Erleichterung und Zufriedenheit ein. Weit weg vom Lärm und Smog der Stadt durften wir also eine Woche an diesem überaus ruhigen und wunderschönen Ort erfahren, wie man auf einer Farm mit Ochsen, Ziegen, Bienen und Hühnern lebt.

Bald schon war klar, dass dort sehr urtümlich gelebt wird. Jeden Tag muss Wasser für Essen und Tiere besorgt werden. Ist Elektrizität da, ist es kein Problem. Falls nicht, wird es ein wenig härter. Besonders die fast unerträgliche Hitze macht alle körperliche Bewegung zwischen 8 und 18 Uhr zur Qual. In dieser Zeit wird jedoch nur das nötigste erledigt. Meistens sitzt man dann zusammen unterm Mangobaum und trinkt leckeren Chiya, schwarzen Tee mit Milch, oder isst gekochte Eier. Die tausend Hühner der Farm machen zwar viel Arbeit, dafür ernähren sie aber die Familie und ihre Gäste. Balaram, das Familienoberhaupt, erzählt uns, dass er bereits Volunteere aus über 30 Nationen begrüßen durfte. Und alle halfen gut mit beim Einsammeln und sortieren der über tausend Eier täglich.




Der Tagesablauf richtet sich auf dem Land also hauptsächlich nach der Verfügbarkeit von Wasser und Strom und der Temperatur. Wir halfen gerne mit und freuten uns auf die Zwischen-Snacks und das leckere Essen (Daal Bhaat).

Pradeep (Monaco-Franze), der älteste Sohn, zeigte uns im nahegelegenen Park, wie man einen Elefanten reitet, und dass es darauf sicherer ist, wenn man einem ausgewachsenen Rhinozerus begegnet.


 Die Mädchen der Familie, Pramila (Sissi) und Pratiksha (Christl), beide sehr fleissig, hatten immer ein süßes Lachen für uns parat.

Deurupa, die liebe Oma, zeigte uns, wie man auch mit 81 Jahren schweres Wasser schleppen und harte Hausarbeit verrichten kann.

Balaram und Deuga, die beiden Eltern, nahmen uns von Anfang an in ihre Familie mit auf und sorgten für uns.




Uns ging es also richtig gut! Aber nicht deshalb verlängerten wir unseren Nepalaufenthalt bis zum letzten Tag unseres Visums. Schuld daran waren die vielen Generalstreiks der politischen Parteien. An solchen Tagen darf kein Fahrzeug bewegt werden. Wie also sollten wir vom Land in die Stadt und von dort zur Grenze kommen?!

Ein Freund der Familie, inzwischen Taxifahrer in der nächsten Stadt (Narayanghar), erklärte sich bereit, uns zur Grenze zu fahren. Bereits auf den ersten Kilometern war uns klar: Er fühlt sich sehr unwohl in seiner Haut und macht sich große Sorgen. Langsam wurde es dunkel, die Barrikaden stärker und die politischen Aktivisten aggressiver. Immer öfter musste er in lauten Diskussionen erklären, dass er Touristen zur Grenze bringen muss. Das ist legal, Touristen sollen nicht zu Schaden kommen. Dann ging es plötzlich schnell: Mit grellen Taschenlampen wurden wir in unserem Auto angeleuchtet. Wir mussten schnell aussteigen und wurden mit unserem Gepäck in den Kofferraum eines vor uns fahrenden Autos einer indischen Kolonne verfrachtet. Da saßen wir nun, unsere Rucksäcke auf den Knien, zu zweit auf einem winzigen Sitz und wurden den Insassen des Autos vorgestellt: Wishal mit seiner Familie und einem Freund, zusammen mit den vielen anderen Indern in weiteren sechs Autos auf dem Heimweg nach Indien ("Namaskar!"). Die Fahrt ging weiter, durch die Nacht, durch viele Straßensperren; Immer wieder Streit und Diskussionen .... und die vielen selbsternannten Wächter des Streiks mit ihren Schlagstöcken.

Irgendwann hielten wir am Straßenrand an. "Wir müssen hier bleiben, bis es hell wird." Es war erst etwa neun Uhr abends. Der Tag, an dem unsere Visa ablaufen.

Der erste Kontakt mit den Indern war sehr positiv und freundlich. Als wäre es nicht die erste Nacht am Straßenrand, besorgten sie von einem ebenfalls "gestrandeten" Lkw Essen und Getränke. Sogar Daal Bhaat wurde gekocht. Wir wurden rundum versorgt und verwöhnt ohne Erwartung einer Gegenleistung. Es ergaben sich viele lange Gespräche und jeder Wunsch wurde uns von den Augen abgelesen. Nur war leider kein Platz mehr zum Schlafen im Auto frei, und so fanden wir uns auf dem Boden wieder, wo langsam unsere Glieder einschliefen, von Mücken zerstochen.

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Langsam aber stetig bahnte sich also unsere Kolonne den Weg durch Autoglasscherben und Überreste von Feuern auf der Straße, durch restliche Straßensperren hindurch Richtung Grenzstadt Sonauli. Links und rechts der Straße bot sich uns ein Bild mit einer Tiefe und Wirkung, dass es uns den Atem raubte: Von der Nacht übriggebliebene, immer noch heisse "Kämpfer" am Straßenrand, wartend auf nepalesische Autos, bereit, sie zu "stoppen", immer wieder Lkws mit offensichtlichen Kampfspuren, daneben ein alter Nepali, der sich an einer Wasserstelle ärgert, dass gerade, als er sich fertig gewaschen hat, ein Vogel genau über ihm sein Geschäft verrichtet hat, und weit hinten im Feld ein Arbeiter inmitten tiefer, fast bis zum Boden reichender Nebelschwaden, von der aufgehenden Sonne tiefrot gefärbt, sein Ochsengespann über den Boden steuernd. Und wir fuhren nach einer weiteren Kontrolle durch das Militär weiter Richtung Grenze.


Dass wir dort von den Indern, die keine Einreiseformalitäten zu erledigen haben, erst IN Indien abgesetzt wurden, war bereits nicht mehr verwunderlich. So stapften wir also mit abgelaufenem nepalesischen Visum zurück zur Grenze und erledigten die nötigen Formalitäten. Auch fanden wir sofort einen Bus, der uns in die nächste Stadt brachte, wo wir sogar für den selben Tag ein Zugticket nach Varanasi lösen konnten. Mal sehen, was uns dort erwartet. ...

FuN

Freitag, 4. Mai 2012

Im Dach der Welt


Das Pochen des Herzschlags im Ohr, begleitet vom Rauschen eines Wasserfalls in der Nähe; werden wir ihn überqueren müssen? Seit gestern pocht das Herz irgendwie weiter oben im Hals; einen sicheren Aufsetzpunkt für die Trekkingstöcke suchen, linker Stock/rechter Fuß; langsam die massiven Stufen hoch, wieviele mögen es heute schon sein?; warum ist mir nur so heiss? Stehen bleiben, um einen Blick nach vorne, nach hinten, ... ins Tal zu werfen? Nein! Weiterstapfen! Nur bis zur nächsten Kurve! Müssen vor Mittag die Lawinenzone passiert haben. Dann aber wieder dringend Pause machen, trinken, sich umschauen und die Umgebung betrachten, realisieren, wo man sich gerade befindet, welche Situationen man durchlebt, .... Ein Foto machen. Akkus sind in der Hosentasche, nah am Körper. Franzi hat vorgelesen, dass sich Batterien in der Kälte schneller entladen. Was ist das für ein Donnern? Blick nach oben. Lawine? Viele Gedanken schwirren durch den Kopf; viel zu lange schon herrscht Ruhe, man kann sich konzentrieren, die Gedanken formen sich. Was wird in ein paar Wochen, wenn wir zurück in Deutschland... im Ref, im PA?! Und sonst?! Keinen wirklich festen Gedanken fassen können; Guide mit Gruppe von Japanern mit ihren Portern (Trägern) kommt entgegen: Namaste! Weitergehen, wann kommt das nächste Dorf? Wie hoch sind wir schon? Natur genießen,... Stehenbleiben, lachen und Kopfschütteln vor Freude!
WIR SIND IM HIMALAYAGEBIRGE, UNTERWEGS ZUM ANNAPURNA-BASECAMP!

...und in den Bäumen springen ein paar Affen hin und her.



Vieles heisst es in diesen Tagen zu verarbeiten! Viele Erfahrungen, Situationen, Kälte, Hitze, Höhe,... Dabei handelt es sich beim Trek mit dem Namen "Annapurna Sanctuary (Annapurna Heiligtum)" doch nur um einen "mittelschweren Kurztrek" in nepals Himalayagebirge (dem landschaftlich schönsten und abwechslungsreichsten).
Und doch war es für uns nach den langen Tagen in Kathmandus Smog und Stress wie ein Befreiungsschlag, als wir am Startpunkt des Treks aus dem Auto stiegen. Frischluft, und bereits nach ein paar Gehminuten keine Touristen mehr.



8 - 12 Tage sollte der Trek dauern. Ein bis zwei Tage für die Höhenanpassung muss man mit einberechnen. Die Unterkünfte sind preislich an Vorgaben gebunden. Wie wird das alles werden? Was werden wir essen, wie geht das mit dem Wasser? Weiter oben in den Bergen kann man Wasser abkochen und in eigene Flaschen abfüllen lassen. Wie werden unsere Mägen reagieren?
Viele ungeklärte Probleme und unbeantwortete Fragen warteten auf uns.

Die fragenden und zweifelnden Gesichter entgegenkommender oder am Wegrand wohnender Nepalesen beunruhigten uns nicht lange: Wir haben uns gegen einen Guide und Träger entschieden. Auch, wenn wir diesen Menschen diese Einnahmequelle gönnen würden, wir wollen auf eigene Faust zum ABC kommen. Weiter oben geben uns später Guides und Porter jederzeit Tipps und Ratschläge und sind immer gut für einen kleinen Plausch mit Leuten außerhalb ihrer Gruppen.

Am Ende ist alles bestens gelaufen! Ich (Neo) hatte beim Abstieg Probleme mit dem rechten Knie, die sich aber nach einer heissen Nudelsuppe und einer Schmerztablette ertragen ließen. Als treue und höchst nützliche Helfer erwiesen sich unsere Wanderstöcke, die wir zu keiner Zeit missen wollten. Auch ist unser Plan, das ABC am vierten Tag ohne Höhenanpassungstag im tieferen Macchapuchre-Basecamp (MBC) zu erreichen und dort zu übernachten gut aufgegangen. Ich (Neo) konnte nachts zwar kein Auge zumachen - mein Magen spielte ein wenig verrückt (musste abends ja auch noch die Reste von vier halbhungrigen Spaniern aufessen) - der Sonnenaufgang um 5:30 Uhr und das damit verbundenen Licht- und Schattenspektakel in den uns umgebenden Sieben- und Achttausender-Gipfeln entschädigte für alle Strapazen.









So standen wir also in rund fünfig Zentimetern Neuschnee und genossen die Stimmung, die sich auf uns wie etwas wohlig warmes und vereinigendes legte, vereinigend mit dem Rest der Welt, die viele Meter und Kilometer unter diesen Gipfeln liegt, dem DACH DER WELT.


Nun sind wir wieder zurück in Pokhara. Die Zivilisation hat uns wieder und wir fühlen uns noch ein wenig fehl am Platz. Leider findet man sich aber doch viel zu schnell wieder ein in der gewohnten Umgebung mit all ihren Annehmlichkeiten. Und doch haben wir wieder ein großes Stück andere Welt gesehen, sind unseren Grenzen nahegekommen, können nun manche Dinge besser verstehen, ....haben ein wenig hinter die Kulissen geschaut. Und was uns ganz wichtig ist: Wir konnten die Gewalt und Herrlichkeit der Natur am eigenen Körper fühlen und erleben.

Danke Nepal!

Mittwoch, 25. April 2012

Es geht los!

In den nächsten Minuten werden wir von einem Taxi zum Startpunkt eines neuen Abenteuers gebracht.

Liebe Freunde, wir haben hier in Pokhara also doch noch mal die Gelegenheit, Euch über unseren Blog kurz Bescheid zu geben, wie es weitergeht. Ab heute sind wir in den Bergen des Annapurnamassivs unterwegs.

Wir sind gespannt, was uns dort erwartet!

Liebe Grüße
FuN

Sonntag, 22. April 2012

Wir wollen mehr

Müll, Elend, Hunger, Lärm, .... wo man hinsieht. Vorsicht vor Betrügern, Schleppern und Taxifahrern und vor allen, die dir etwas anbieten wollen, sei es nur ein kleiner Rundgang durch eine Tempelanlage, sei geboten. Kathmandu soll nur ein guter Start- und Vorbereitungspunkt für Treks in die Berge des Himalaya sein. Mehr nicht. ...

Das und mehr negative Berichte versuchten uns bereits vor der Einreise in Nepals Hauptstadt unsere Meinung zu beeinflussen.

Beim Anflug auf Kathmandu stupste uns Erin, unsere Sitznachbarin an, wir sollen aus dem Fenster sehen. Der Pilot steuerte das Flugzeug wesentlich schneller und knapper als gewohnt über Wohnhäuser. In der Ferne leuchteten die terrassierten Hügel des Kathmandutals in schimmerndem Licht und das Flugzeug wurde stark abgebremst. Landung. Wir sind in Nepal!

In der Empfangshalle große Aufregung. Die Beamten nehmen keine nepalesische Rupien. Dollar, Euro oder Britische Pfund sind angesagt. Sonst war es das erstmal mit dem Visum für Nepal. Der einzige Geldautomat vor den Kontrollen hat seinen Dienst quittiert. Wir haben dank unserer Eichstätter Freunde Dollar dabei. Genau so viel, dass es reicht. Herzlichen Dank dafür.

Am Ausgang des Flughafens werden aufgebrachte und motivierte Taxifahrer von Sicherheitskräften zurückgehalten. Von der Touristenhilfe bekommen wir einen Zettel mit Zielort und werden einem offiziellen Taxi zugewiesen. Sah alles recht beruhigend aus. Wir genossen die ersten Minuten der Fahrt und versuchten, die neuen Eindrücke aufzunehmen.

Nach ein paar Minuten überprüften wir fast schon routinemäßig die Route und merkten, dass etwas nicht stimmte. Wir fuhren in dir falsche Richtung. Die Taxifahrer bekommen eine Provision für jeden Touristen, den sie an den bestimmten Hotels abliefern. Wir klärten das und zeigten dem Fahrer auf der Karte den neuen Zielort. Alles kein Problem!

So standen wir also mitten in Kathmandu. Touristen sahen wir nur spärlich, da wir uns eine Unterkunft fernab vom Touristenviertel aussuchten. Nach ein wenig Suchen und vielem Feilschen bekamen wir ein Zimmer im zweiten Stock mit Aussicht auf einen der schönsten und ruhigsten Plätze Kathmandus. Früher wurden hier die königlichen Elefanten gehalten, heute bieten hier Souvenirverkäufer ihre Ware an. Tolle Sachen, durchwegs hochwertige Handarbeit und Kunst. Nur das nächtliche Konzert der Straßenhunde kann ein wenig stören.

Was ist mit den Vorurteilen?
NATÜRLICH herrscht hier Armut, Hunger und Elend. NATÜRLICH gibt es hier überall Müll und Dreck. Auch die Schlepper und die bettelnden Straßenkinder sind da. Ist alles so schlecht wie man gehört hat?

Die Nepalesen sind berühmt für Toleranz, Gütigkeit und Gelassenheit. In der Geschichte des Landes gab es nie Zwistigkeiten religiöser Art.
Das spricht Bände!
Und so haben wir die Nepalesen auch kennengelernt. Respektiert man ihren Lebensstil und ist man bereit, sich ein wenig anzupassen, entwickelt sich eine Bindung zu den hier lebenden Menschen, die sich positiv auf alle Situationen auswirkt. Nie war uns jemand böse, wenn wir ein Angebot ausgeschlagen haben. Immer wurde unser Lächeln erwidert, unser Gruß mit leuchtenden Augen aufgenommen.

Wir wollten auf dieser Reise lernen, mit anderen Augen zu sehen, sich in möglichst viele unterschiedliche Menschen hineinzuversetzen ...um zu verstehen.
Manchmal fällt es mir (Neo) schwer. In extremen, langandauernden Momenten ist es besonders hart. Dann rutscht mir schon mal ein Klagelaut oder eine miese Grimasse heraus, wenn beispielsweise mal wieder im SEHR engen Verkehrgewusel ein Motorradfahrer (der tausendste am Tag) mich beim Vorbeifahren am Bein streift und dabei hupt wie verrückt. Solche Momente tun mir besonders leid. Beobachten wir aber andere Touristen, sind wir einerseits wieder beruhigt, andererseits aber sehr beschämt über ihr teils extrem schlechtes und intolerantes Verhalten.

Anpassung und Respekt vor anderen Kulturen ist hier aber nicht das Allheilmittel! Es ist gut und wichtig, dass es auch Querdenker gibt, Leute, die Fehler sehen und was verändern wollen. Da ist es erfreulich zu sehen, dass es Projekte wie die "Kumbeshwar Technical School" gibt. Hier werden Waisenkindern Unterkunft, Essen und Ausbildung geboten. Aber auch andere Bedürftige kommen hier unter. Es wird sich selbst finanziert, indem die Produkte inzwischen weltweit verkauft werden. Nachdem wir (Franzi) uns hier mit Wollsachen eingedeckt haben, bekamen wir einen Rundgang durch alle Räumlichkeiten, von den Unterkünften über die Webstühle bis hin zur Wollmützenfabrikation und den Schulräumen der ersten bis fünften Klasse.

Unsere Tage in KTM bringen uns allerdings auch zu anderen Stätten, wie beispielsweise den Verbrennungsghats in Pachupatinath, wo wir die Prozedur miterleben konnten. In diesen Momenten legt sich ein Schleier auf unsere Gemüter, alleine schon weil wir nicht wissen, wie man sich verhalten soll. Alles Recherchieren kann nicht jeden Fehler vermeiden. Bisher schlagen wir uns jedoch bestens.


Nun brechen für uns die letzten Tage hier in dieser meist vom Smog bedeckten aber inzwischen von uns geliebte Stadt herein. Unser Visum für das nächste Land können wir hoffentlich am Montag abholen, sodass es dann endlich hinaus nach Pokhara gehen kann, von wo aus wir unseren Trek in das Himalayagebirge starten wollen. Voraussichtlich dauert dieser zwischen acht und zwölf Tage. Internet gibt es dort sicherlich nicht. Also: Nicht verzagen, danach gibt es wieder Neues zu lesen.


Nepal, wir wollen mehr!